Sie möchten sich aus Kunststoff eine LKW–Pritsche oder einen bebretterten Güterwagen bauen.
Die Bretterfugen sollen natürlich wie beim Original sichtbar und gerade sein. Was nun?
Sie fürchten - nicht ganz zu Unrecht - dass dünne, nur an den Seiten zusammen geklebte Leisten nicht die gewünschte
Stabilität ergeben. Außerdem haben die verfügbaren Leistchen keine Fase (eine Anschrägung an den Kanten). Von einer
Fuge wäre kaum noch etwas sichtbar. In der richtigen Breite sind sie auch nicht erhältlich.
Dieses Problem lässt sich bei Messingblech als Baumaterial durch Ätzen
oder Gravieren lösen, bei Kunststoffen eigentlich nur durch eine Gravur oder Fräsen. Hier wird
beschrieben, wie das ohne Verletzung von Mensch und Material funktioniert.
Abschnitte dieser Seite:
Die Wände eines gedeckten Güterwagens sollen aus Polystyrol gebaut werden. Dazu fertigen
Sie sich zunächst vier Rohteile an. Eines davon soll der Bretterboden werden. Zwei davon -
für die Seitenwände - sollten etwas breiter sein als die Summe der rechten und linken
Seitenwand–Hälfte. Das letzte Teil dient für zwei nebeneinander liegende Stirnwand–Teile,
muss also - wegen des Sägeschnitts - auch etwas breiter sein.
Schleifen Sie dann alle Oberflächen - innen und außen beziehungsweise vorne und hinten -
mit feinem Schleifpapier an, damit die Bleistift–Striche später nicht verwischen.
Jetzt müssen an den Seiten die Positionen der geplanten Bretterfugen angezeichnet werden.
Zeichnen Sie sonst noch nichts an, denn dadurch können Sie nach der Gravur entscheiden,
welche die jeweilige „Schokoladenseite” ist, und diese für die besser sichtbare Außenseite verwenden.
Nun nehmen Sie - je nach Größe der Teile - das Stahllineal oder ein abgelängtes
Stück Aluminium–Flachprofil, wie es im Baumarkt erhältlich ist. Halten Sie das
Profil gut fest, in dem Sie es auf die Platte drücken. Ziehen Sie nun mit dem Dreikant–Schaber
entlang dem Profil eine Fuge. Dabei muss der Dreikant–Schaber - jeweils leicht verdreht -
in beide Richtungen gezogen oder gedrückt werden und möglichst senkrecht stehen.
Achten Sie darauf, dass die Spitze des Schabers nicht von der Führung wegrutscht und unerwünschte
Kratzer erzeugt. Kleinere Pannen dieser Art lassen sich später ausschleifen, größere nicht.
Als nächstes benötigen Sie eine ausgediente Vierkant–Nadelfeile. Schleifen Sie deren
Spitze so ab, dass die Kanten etwa zwei Millimeter breit sind. Die Stirnseite sollte
leicht schräg zu einer der Ecken hin liegen, also nicht ganz rechtwinklig zu den Kanten.
Sie können die Spitze auch mit einer Trennscheibe der Kleinbohrmaschine entfernen.
Achtung: Die Spitze der Feile sollte nicht mit einer
Zange abgebrochen werden, und wenn, dann nur mit einer aufgesetzten Schutzbrille und
Schutzhandschuhen! Feilen sind extrem gehärtet. Wenn sie brechen, können Rasiermesser–scharfe
Kleinteile abplatzen, unkontrolliert durch die Gegend fliegen und schwere Verletzungen verursachen, vor allem an den Augen!
Halten Sie die Feile nun so an eine der angerissenen, noch sehr schmalen Ritzen, dass die Spitze mit der längeren Ecke nach unten darin aufliegt.
Die folgende Arbeit erfordert einige Übung und Konzentration. Tasten Sie sich langsam
durch Versuche an die beste Vorgehensweise und Haltung heran.
Halten Sie die Polystyrol–Platte mit einer Hand fest. Drücken Sie den selbst gebauten
Gravur–Stichel mit der Spitze an der Anrissfuge entlang bis zu deren Ende, und zwar
mit mäßigem Druck. Dabei muss die ehemalige Feile genau parallel zur Fuge ausgerichtet
sein und recht flach gehalten werden. Arbeiten Sie so, dass die fest haltende Hand nicht in der Drückrichtung liegt, sondern dahinter.
Durch die Kanten der Stirnfläche des Stichels werden nun rechts und links an den Seiten
der Fuge Späne abgehoben. Dadurch bildet sich beidseitig eine Fase von etwa
45°. Drehen Sie nach zwei bis drei Strichen die Platte um und wiederholen Sie die Arbeit von der anderen Seite.
Die größte Gefahr bei dieser Arbeit ist, dass die Spitze des Stichels aus der Fuge läuft.
Haben Sie zu stark gedrückt, lassen sich diese Spuren nicht mehr ausschleifen
und müssen verspachtelt werden. Achten Sie auch darauf, dass alle Fugen gleich breit werden.
Durch die Anreiss– und Gravierarbeiten entstehen rechts und links an den „Bretterfugen”
Grate, die sich durch verformtes Material bilden. Diese Grate müssen nun vorsichtig entfernt
werden. Mit Schleifpapier geht das nicht sehr gut, weil es da neue Verformungen gibt und
die Gefahr besteht, das Randspäne nicht vollständig entfernt werden. Benutzen Sie statt
dessen den ganz flach und quer zur Fuge gehaltenen Dreikant-Schaber, um die Grate abzuheben.
Im nächsten Schritt schleifen Sie mit feinem Link zum Glossar
Korund–Schleifpapier eventuelle Fehler (kleinere Kratzer) aus.
Wenn Sie Gelegenheit dazu haben, sollten Sie einmal einen Wagen mit hölzernem Aufbau aus
der Nähe betrachten. Sofern dessen Lackierung nicht zu alt ist, wird auf den Brettern
praktisch keine Maserung zu erkennen sein. Mit zunehmendem Alter und zunehmender Verwitterung
des Lacks wird die Maserung jedoch wieder sichtbar.
Die Oberfläche von Polystrolplatten ist für eine glaubhafte Nachbildung von Holz
zu glatt. Nehmen Sie ein Stück sehr groben Schleifpapiers (in Abhängigkeit vom
Maßstab des Wagenmodells) und schleifen Sie von Hand parallel zu den Fugen grobe Strukturen
auf die „Bretter”. Prüfen Sie die Wirkung im Gegenlicht. Die Verteilung der Maserung muss gleichmäßig sein, glatte „Löcher” stören später.
Durch diese Arbeit entstehen neue Verwerfungen. Diese werden zum Schluss mit einer
Stahlbürste entfernt. Wie grob diese sein darf, hängt wieder vom Maßstab ab.
Nun können Sie - möglichst wieder im Gegen– und Streiflicht - die besser gelungene Seite
ermitteln und die Teile weiter bearbeiten. Sie werden nach der Lackierung überrascht sein, wie natürlich so gebaute „Bretter” aussehen.