„Kleider machen Leute
” - diese Redensart trifft auch auf Figuren im
Maßstab 1:22,5 zu. Die individuelle „Mode” oder genauer
Bekleidung der Figuren ist ein wesentlicher Bestandteil der selbst oder umgebauten Modelle
und trägt viel zur guten Wirkung Ihrer Modelleisenbahn oder eines
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Dioramas bei.
Auf dieser Seite beschreiben wir verschiedene Techniken für passable bis gute Ergebnisse.
Beachten Sie bitte die Ausführungen auf der Seite zu den Grundlagen,
vor allem die zur Wahl der richtigen Kleidung gemäß der Epoche, in der Ihre Modellbahn
angesiedelt ist. Die Überlegungen hier beziehen sich vorwiegend auf die Deutsche
Reichsbahn–Zeit, die Jahre vor dem zweiten Weltkrieg. Eine Ausnahme bildet die Frau
links auf dem ersten Bild: Sie ist für diese Zeit zu lang und zu „freizügig”
gekleidet. Sie entstand als Übung nach dem konkreten Vorbild einer Lehrerin aus der Nachbarschaft
(die sich übrigens recht getroffen fand). Letzteres gilt auch für die mittlere Figur mit der Baskenmütze, die ebenfalls ein echtes Vorbild hat.
Abschnitte dieser Seite:
Bei vorgefertigten Figuren ist die Bekleidung vorgegeben. Es ist jedoch oft möglich - und nötig -
Details zu ändern. Das ist teils nicht weiter schwer. So können Röcke leicht verlängert,
Hosenbeine weiter gemacht oder zumindest eine etwas andere Oberflächenstruktur aufgebracht werden.
Besonders letzteres ist wichtig, denn nahezu alle Kleidungsstoffe sind so gut wie matt. Der Kunststoff
ist jedoch meist glatt, und das ist für wirklich matte Farbaufträge nicht unbedingt günstig.
Glänzende Figuren sehen nicht gut aus, was die älteren Angeboten von LGB® beweisen.
Etwas schwieriger wird es, wenn Sie sich eine vollständig eigene Figur bauen wollen, beispielsweise
aus den „Eva”–Bausätzen von Preiser. Die Damen sind nämlich unbekleidet. Mit einem
bloßen Farbauftrag werden Sie da wenig ausrichten, denn selbst ein Badeanzug liegt nicht überall
direkt auf der Haut auf - und wo ist eine Figur im Badeanzug zu gebrauchen?
Zuweilen führt daher kein Weg an Nadel und Faden, pardon, etwas Möchtegern–Schneiderkunst
vorbei. Dazu sind ein paar Vorkenntnisse zum Schnitt erforderlich, weil Sie die Ersatzstoffe
(meist Papier, zum Beispiel einzelne Lagen eines Papiertaschentuchs) sonst nicht in die richtige
Form bekommen werden. Einige Ratschläge dazu folgen weiter unten.
Wenn Sie es bevorzugen, die Kleidung mittels Knet– oder Spachtelmasse aufzutragen, sollten
Sie vor der Trocknung für eine etwas aufgeraute Struktur sorgen, beispielsweise mit wieder einem
Papiertaschentuch. Achten Sie dabei unbedingt darauf, nur die glatten Teile des Papiers ohne Randprägung als Stempel zu benutzen.
Treffen Sie Ihre Entscheidung für die Kleidung mit Bedacht. Männern kann die beste Ehefrau
von allen oder eine Nachbarin mit Ratschlägen weiter helfen, sofern sie in Modefragen nicht
so bewandert sind. Betrachten Sie als Beispiel die Frau links auf der Bank auf dem ersten Bild dieses
Abschnitts. Niemand wird annehmen, dass es sich um eine Arbeiterfrau und eine Bauerin handelt -
dazu ist sie zu elegant gekleidet. Dieser Eindruck entsteht trotz einer einfachen, weißen Hemdbluse und einem ebenso einfachen, glatten Rock.
Wenn die gezeigte Szene mit der Sitzbank Sonn– oder feiertags spielt, könnte
die junge Frau auf der rechten Seite im Bild durchaus eine Arbeiterin oder Verkäuferin sein. Beachten
Sie den weißen Unterrock, der unter dem grünen Kleid hervor spitzt.
Preiser kann kein Vorwurf gemacht werden, weil es keine Figuren mit gemusterter Kleidung gibt, beispielsweise
Herren in karierten Anzügen oder Damenkleider mit modischen Dessins. Der
Bedruckungsaufwand wäre enorm, und die Ergebnisse wären nicht bezahlbar.
Beide Fälle sind jedoch oft beim Vorbild anzutreffen. Daher wird hier an einem Beispiel beschrieben, wie sich das Problem lösen lässt.
Zunächst einmal benötigen Sie eine passende Vorlage für den „Stoff”. Der soll hier aus Papier
bestehen, das mit dem heimischen Drucker bedruckt wird. Gerade bei karierten oder anderweitig gemusterten
Stoffen ist es nicht weiter schwierig, sich eine passende Vorlage mit einem Grafik–Programm zu erstellen.
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Trotz aller Experimente mit den Druckereinstellungen liess sich das Muster nicht in der passenden
„Dichte” ausdrucken. Die Vorlage musste extrem aufgehellt werden, um das gewünschte Resultat
zu bringen. Der Ausschnitt im Bild zeigt den Unterschied.
Dann galt es das Schnittmuster richtig auf die Figur zu übertragen. Das ist weniger schwer, wenn Sie
ein hinreichend großes Stück Papier zunächst irgendwo fest kleben. Beachten Sie die Zahl und Lage der
„Abnäher”, also der Nähte, die die Form des Kleids bilden. An diesen Stellen verrät das
Karomuster gnadenlos, ob sie das Schneiderhandwerk beherrschen
.
Wegen des störrischen Papiers, das ja wegen der Druckertinte auch nicht nass werden darf, muss der Schnitt
tatsächlich „sitzen”. Das hat im gezeigten Beipiel nicht ganz perfekt, aber schon ganz gut geklappt.
Sie benötigen an folgenden Stellen Nähte beziehungsweise Abnäher:
Auf dem mittleren Teil des zusammen gesetzten Fotos hat der Kopf aus dem „Eva”–Bausatz
noch die originale Haartracht. Rechts ist hingegen schon der selbst aus Polystyrol geschnitzte Pferdeschwanz
mit einem Haarband aus dünnen Draht zu sehen. Das Unterkleid wurde aus einem Stück Papiertaschentuch gebastelt.
Viele Wege führen nach Rom - oder hier besser: zur passenden Kleidung. Wie schon bei den
Grundlagen erwähnt, waren beispielsweise die Körperlänge in den 1930er Jahren
deutlich geringer als heute und die Beinkleider der Männer weiter geschnitten. Achten Sie bei Gelegenheit
im Fernsehen auf den Schnitt der Hosen bekannter Schauspieler wie Cary Grant,
Gregory Peck, Humphrey Bogart oder
James Cagney. Die Verfilmung der „Feuerzangenbowle” von Heinrich Spoerl
mit Heinz Rühmann und Paul Henckels tut's genau so gut.
Bei dem geplanten Tankwart auf dem ersten Bild dieses Abschnitt wurde versucht, diesen großzügigen
Schnitt einigermaßen richtig nachzubilden. Der Unterschied zu eng anliegenden Jeans
ist in der Tat verblüffend - und die Basteltechnik recht einfach. Die Figur wurde wieder gekürzt, wodurch sie
recht kräftig wirkt. Oberhalb der Brusttaschen ist auf dem ersten Bild noch ein Trennschnitt zu erkennen.
Sie benötigen dafür gewöhnliche Papiertaschentücher. Diese bestehen meist aus vier Lagen dünneren
Papiers, die am Rand durch eine Prägung zusammen gehalten werden. Entfernen Sie diesen Rand mit einer
Schere, sodass nur der innere, glatte Teil übrig bleibt, und zupfen Sie die Lagen auseinander.
Aus ein oder zwei Lagen des Papiers können Sie sich nun mit der Schere passende Stücke schneiden, mit
denen Sie den Rohbau „verkleiden”. Bei Versuchen hat sich folgende Methode bewährt.
Kleben Sie zunächst eine erste Schicht an einem Punkt am Rohbau fest, beispielsweise mit UHU®
Alleskleber. Formen Sie nun nach und nach die Grundlage des Kleidungsstücks. Um den Fortschritt zu fixieren,
bietet sich Clou®–Schnellschleifgrund an.
Der Füller trocknet so schnell, dass Sie schon nach einer Viertelstunde vorsichtig weiter arbeiten können.
Auf diese erste Schicht tragen Sie möglichst früh eine zweite auf. Diesmal ergibt sich die Gelegenheit,
auch einen Faltenwurf einzuarbeiten. Der zweite Auftrag des Mittels löst den ersten leicht an, sodass
beide mit typischen Hilfsmitteln wie Pinzetten und Spateln in Form gebracht werden können. Zuweilen
hilft auch ein nicht zu großer Borstenpinsel.
Die raue Oberfläche des Papiers, nur wenig gemildert durch den Schnellschleifgrund, verleiht den Modellstoffen
eine sehr natürliche Oberfläche, ebenso der passende Verlauf der Oberfläche.
Wenn Sie später kleine Unebenheiten verschleifen, müssen Sie regelmäßig ein wenig Schnellschleifgrund nachtragen und
dessen Trocknung abwarten, weil das Papier sonst fusselt. Das erfordert viel Geduld. Daher ist es eine gute Idee,
gleichzeitig an mehreren Figuren zu arbeiten. Während die eine trocknet, geht es bei der nächsten weiter.
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Knickerbocker.
In manchen Fällen wird es nötig sein, Modelliermasse (Spachtelmasse) zu verwenden. Ein schönes Beispiel dafür sind die hier gezeigten, um 1930 herum sehr beliebten Knickerbocker–Hosen (Kniebund–Hosen). Sie werden sich kaum aus Papier nachbilden lassen.
Wenn Sie also nicht ausschließlich auf die einzige von Preiser im Maßstab 1:22,5 erhältliche Figur mit diesem
„Beinkleid” angewiesen sein wollen, müssen Sie sich als Künstler betätigen. Die Figur mit der ebenfalls typischen Sportmütze stammt
aus der Packung „Winkende am Bahnsteig” (45084).
Genau so ein „Problem” werden Sie haben, wenn Sie solche Details wie das auf dem ersten Bild des Abschnitts erkennbare
Taschentuch als Sonnenschutz (typischer Weise mit vier Knoten an den Ecken) nachbilden möchten. Gerade solche Kleinigkeiten sind
es jedoch, die eine Figur realistisch wirken lassen, ebenso wie der Fotoapparat in der Hand des Manns vor dem Auto, das Kopftuch
des Mädchens oder die auch heute noch schicke Sonnenbrille des Jungen.
Bei der Vorbildseite zum Thema Motorräder aus der Vorkriegszeit finden Sie ein Bild, das gleich
drei Männer mit Knickerbockern zeigt. Beim Fremde Seite
20-2-40 Style Syndicate
gibt es im Bereich „Extras” sogar eine genaue Anleitung für den Schnitt dieser Hosen (und etliche Bildbeispiele).
Die Website ist - anders, als es der Name vermuten lässt - auf deutsch.
Die insgesamt sechs Figuren aus Preiser 45042 („Brauteltern, Trauzeuge”) und
45043 („Hochzeitsgäste”) gab es zumindest einmal als unlackierten Bausatz. Das ist sehr günstig, da die Farbe so nicht entfernt werden muss.
Diese Figuren sind - ähem - im täglichen Leben eher ungewöhnlich. Mit etwas gutem Willen sind jedoch alle
sechs Figuren gut umzuwandeln. Der feierliche Eindruck bleibt dennoch, aber das muss ja nicht verkehrt sein.
Der Umbau des doch sehr „verwegenen” Mädchens wurde schon beim Rohbau
beschrieben. Der Trauzeuge, ein junger Mann, trägt im Original Frack und Zylinder. Beide ließen sich gut
zu einer neuen Einheit verbasteln. Das erste Bild dieses Abschnitts zeigt das Ergebnis mit einem Spitz
von Pola / Faller® . Aus dem Zylinder
des Trauzeugen wurde ein Straßenhut, der Frack wurde flugs in einen normalen Anzug verwandelt.
Hier folgt die Geschichte zur Szene am Bahnsteig.
Der junge Mann ist der Freund des Bruders der jungen Frau und Anwalt. Er hatte in der Kleinstadt
beruflich zu tun und wartet nun auf den Zug zurück in die Kreisstadt. Der junge Backfisch ist ein wenig
verliebt in den Mann und hat ihn daher zum Bahnhof begleitet. Dort versucht sie gerade, ihn zu einem neuen Besuch zu überreden.
Die Szene zeigt genau diesen Punkt. Ihm dämmert plötzlich, was die Stunde geschlagen hat. Da er kein größeres
Interesse an dem Mädchen hat, schaut er ein wenig erschrocken. Den Spitz aus dem Pola–Sortiment juckt das weniger.
Das erste Bild dieser Seite zeigt in der Mitte die eine junge Frau aus dem Set
„Hochzeitsgäste” (gekürzt und von allerlei Kleidungs–Schnickschnack befreit). Übrig bleiben also noch die Brauteltern und die dritte Frau.
Es war nicht ganz trivial, den Frack des Brautvaters mit der Bauchbinde in einen gewöhnlichen
Anzug mit Weste zu verwandeln und die wallenden Gewänder der Damen zu „bändigen”,
vor allem, da ein Teil der Volants - der Fältelungen unten an den Kleidern -
erhalten bleiben musste. Der Ursprungszustand ist auf dem zweiten Bild des Abschnitts zu sehen.
Das dritte Bild zeigt das Ergebnis. Ohne die Damen wirkt der ältere Herr mit der aus Neusilber geätzten
Brille und der Fliege schon ganz passabel, beispielsweise als Bürgermeister einer Kleinstadt.
Beachten Sie bei den Damen die Verringerung des extremen Faltenwurfs. Die war mit einiger pfiffiger
Sägearbeit verbunden, denn ganz fallen durften die Falten nicht. Ein paar überschüssige Pfunde
wanderten von der älteren Dame zu der jungen Frau, das ist etwas gerechter verteilt
.
Die plastische Wirkung bei der jungen Frau unten am Kleid entstand durch verschiedene Farbaufträge (dunkler
in den Vertiefungen, aufgehellt an den Vorderkanten). Das ist jedoch schon ein Vorgriff auf die
nächste Seite zum Thema Lackierung und Farbgebung der Figuren.
Die schon vorhandenen Schuhe der Preiser–Figuren haben zuweilen
keine ausgeprägte Form und kaum Details. Meist lässt sich deren Wirkung deutlich verbessern, wenn rundum
eine feine Kante am Übergang zur Sohle eingraviert wird. Der Teil unten von dem Absatz kann oft noch
ein wenig nach oben hin aufgefeilt werden. Auch die Spitzen der Schuhe gewinnen meist durch etwas Feilarbeit.
Bei Eigenbau–Figuren gibt es etliche weiter gehende Möglichkeiten. Das erste Bild dieses Absatzes
zeigt die „Lehrerin” mit ihrer Aktentasche und Sandalen. Beide wurden selbst angefertigt.
Dabei gehen Sie am besten so vor. Kleben Sie zunächst eine nicht zu dünne Sohle unter die etwas
flacher gefeilten Fußsohlen, zum Beispiel aus 1 mm–Polystyrol.
Lassen sie diese nach allen Seiten etwas überstehen und gut trocknen. Schneiden Sie nun die Riemchen
passend. Deren Anpassung und Anbringung ist auch bei sehr dünnem Polystyrol (0,3 mm)
recht schwierig. Papierstreifen (siehe das zweite Beispielbild) sind da einfacher zu handhaben.
Achten Sie darauf, dass die Schnallen stets außen liegen!
Die Füße selbst müssen Sie auch für flache Absätze etwas nach vorne geneigt anbringen. Das ist gar nicht
so leicht, wenn die Figur später von allein stehen können soll. Tipp: Legen Sie während der Ausrichtung
beim Rohbau zwei Plättchen in der Stärke wie die Höhe der späteren Absätze unter die Fersen.
Wenn die Riemchen „sitzen”, feilen Sie die Schuhsohle in Form und kleben die vorbereiteten Absätze hinten an.
Beim Beispiel auf dem dritten Bild des Abschnitts - den Damenschuhen mit höherem Absatz - wurde anders
verfahren. Die Technik erfordert einige Sorgfalt. Bereiten Sie die Schuhmodelle so vor, dass von der
Seite gesehen die richtige Höhenlinie entsteht, also beispielsweise in der Mitte weniger hoch und dann
zur Ferse hin ansteigend. An den nackten Füßen der Figur arbeiten Sie nun genau das passende Gegenstück
heraus (Entfernen der Ferse und der Zehen). Das Bild zeigt diese Schritte bis hin zu den angeklebten und lackierten Schuhen.
Auf der allerersten Bild dieser Seite ist noch eine dritte Technik zu sehen. Die Schuhe der lesenden Frau
im grünen Kleid wurden mit einer Füllmasse aus Schnellschleifgrund und Mehl aufgetragen.