1936 gab es bei der Deutschen Reichsbahn–Gesellschaft noch 20.200 Dampflokomotiven, die damit den Löwenanteil am
Gesamtaufkommen von Triebfahrzeugen stellten. Ihr großes Sterben begann erst nach der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Auch heute noch wird beim Gedanken an „Eisenbahn” oft zunächst die Dampflok assoziiert, obwohl sie
kaum noch zu sehen ist. Das gilt ganz besonders für Modellbahnen, bei denen ja vergangene Zeiten wieder aufleben können.
Für stilisierte Abbildungen von Lokomotiven wird nach wie vor gern eine Dampflokomotive benutzt - was auch völlig
klar ist, denn mit einem „Schuhkarton auf Rädern” (moderne Diesel– oder Ellok) ist kein großer Wiedererkennungseffekt verbunden.
In diesem Abschnitt wird auf Funktion und Form der Dampfloks und die Benennung ihrer Teile eingegangen. Dabei findet sich
für engagierte Hobby–Eisenbahner sicher altbekanntes. Sie mögen darüber hinweg lesen und daran denken,
dass jeder einmal ein Basiswissen erwerben musste, der sich mit dem Thema beschäftigt.
Abschnitte dieser Seite:
Unter „Nomenklatur” ist eine für bestimmte Bereiche verbindliche Sammlung von Bezeichnungen für bestimmte Dinge zu verstehen.
Die wichtigsten Bestandteile einer Dampflok seien hier an Hand einer kleinen Bn2–Lok
mit Heusinger–Steuerung benannt.
Sehen Sie sich die Animation einer solchen Steuerung an.
Also, wat is en Dampfmaschin? Da stelle mir uns janz dumm. Un da sage mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße, schwarze Raum, der hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung - un dat andere Loch, dat krieje mer später.”
Das ist älteren Semestern noch aus dem Buch von Heinrich Spoerl oder der Verfilmung der „Feuerzangenbowle”
mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle bekannt. Der Lehrer Bömmel (gespielt von Paul Henckels) gibt diese mittlerweile
berühmten Worte in rheinischer Mundart von sich.
Bevor wir jedoch zu diesem „Raum” kommen, noch ein wenig Physik.
Wasser kann drei mögliche Aggregatzustände haben: gefroren, flüssig oder Dampf–förmig. Um einen Liter Wasser um
1° C zu erwärmen, braucht es eine Kilokalorie (1.000 Kalorien). Um einen Liter Wasser
von 100° C vollständig zu verdampfen, sind knapp 539 kcal
nötig. Dabei dehnt sich das Wasser vom flüssigen Zustand in den Dampf–förmigen um den Faktor 1.700 aus
(Beispiel: der springende Kochtopf–Deckel). Das gilt allerdings nur unter Idealbedingungen.
Die nötige Wärme wird bei einer Dampfmaschine aus (meist fossilen) Brennstoffen
gewonnen. Hier folgt eine Tabelle mit dem Heizwert einiger Brennstoffe.
Brennstoff | kcal / kg |
---|---|
Heizöl | 9.000 - 10.000 |
Koks | 5.600 - 7.800 |
Gute Steinkohle | 7.500 |
Mittlere Steinkohle | 6.800 |
Schlechte Steinkohle | 4.800 |
Holz | 3.000 |
Das verdampfende Wasser dehnt sich aus, und zwar ganz erheblich. Der Druck, den es dabei erzeugt, wird in Atmosphären
(at, atü = Atmosphäre Überdruck) gemessen.
1 atü entspricht dem Druck des Gewichts von 1 kg
(oder heute: kp, Kilopond) auf die Fläche von 1 cm².
Bei 12 atü drücken also 12 kp auf diese Fläche.
Dieser Druck kann über einen im Zylinder beweglichen Kolben in Bewegung umgesetzt werden. Dabei entspricht
1 kcal (Kilokalorie) 427 kpm (Kilopond-Meter). Eine Dampfmaschine ohne Energie–Verluste
würde also mit 1 kcal ein Gewicht von 1 kg
427 m weit bewegen können.
Diese Maschine gibt es leider nicht. Tatsächlich beträgt - bedingt durch Wärmeverluste und derlei - die Effizienz
einer Dampfmaschine nur etwa 5 bis 10 %, der Rest bläst als Wärme zum Schlot heraus oder wandert am Kessel ab.
[ ± ] Wasserstand.
Durch das Feuer in der Feuerbüchse entsteht Hitze, die mit Siederohren durch den Kessel geführt wird und dort das Wasser
zum Kochen bringt. An einem hohen Punkt wird der entstehende Dampf entnommen und den Kolben beziehungsweise Zylindern zugeführt.
[ ± ] Prüfhähne.
Die Verbrennungsgase sind bis zu 1.000° C heiß. Das langt jedoch nur,
um einen noch ziemlich mit Wassertröpfchen (etwa 20 %) durchsetzten Dampf, den so genannten Nassdampf, zu erzeugen.
Mit Überhitzern - die den Dampf auf 300 bis 350° C erhitzen -
lässt sich die Ausnutzung des Dampfs erheblich steigern. Sind diese vorhanden, wird von einer Heißdampf–Lokomotive gesprochen.
Solche Lokomotiven benötigen wesentlich weniger Brennstoff (etwa 15 %) und Wasser (etwa 25 %) als Nassdampf–Loks.
Jede Dampflok verbraucht wesentlich mehr Wasser als Brennstoff, sodass das „Wasser–Fassen” bei längeren
Strecken oft das größere Problem ist. Beiden Nöten wird mit Schlepptendern als Vorratsbehältern abgeholfen.
Bei Heißdampf–Lokomotiven hat der Dampf einen höheren Druck als bei Nassdampf–Loks (zum Beispiel 15 at).
Dieser Dampf wird - bei drei– oder vierzylindrigen Maschinen - zunächst Hochdruck–Zylindern mit einem meist eher
kleinen Durchmesser zugeführt. Der ausströmende Dampf hat noch fünf bis sechs Atmosphären Überdruck und kann daher weiter in
Niederdruck–Zylindern verarbeitet werden, statt sinnlos ins Freie zu verpuffen. Diese Niederdruckzylinder müssen
zwangsläufig einen großen Durchmesser aufweisen, da der Dampfdruck nur noch gering ist.
Bei fast allen Dampfloks wird der austretende Dampf benutzt, um eine Strömungswirkung im Schlot zu erzielen.
Sie zieht die Verbrennungsgase mit. Dadurch ergibt sich eine schnellere Erhitzung des Speisewassers, weil mehr
heiße Luft aus der Feuerbüchse in der gleichen Zeit durch die Siederohre strömt als ohne Saugwirkung.