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Vorbild: Betrieb

Einleitung

Mit zunehmend besser detaillierten und fahrenden Eisenbahnmodellen stellte sich auch eine kleine Trendwende ein. Um 1970 herum galt es noch als das höchste der Gefühle, wenn möglichst viele Züge - vor allem Lokomotiven - auf kleinstem Raum ihre Runden drehten. Heute legen die meisten ambitionierten Modellbahner Wert auf einen halbwegs realistischen Betrieb. Der Link zum Glossar FREMO zeigt, was sich dabei alles erreichen lässt. Bei den Treffen wird dort auf großen Modulanlagen Betrieb nach Fahrplan und mit Frachtkarten für die Güterwagen gemacht.

Eine realistische Wirkung der Modellbahn entsteht nicht nur durch Detaillierung von Fahrzeugen, Gebäuden, Landschaft und Zubehör - die Plausibilität dessen, was das Auge sieht, sorgt erst für wahre Glaubhaftigkeit. Skeptiker mussten schnell feststellen, dass es hier für Jeden die passende Lösung gibt: Wer gleichzeitig neue und historische Fahrzeuge einsetzen will, bildet eben eine Museumsbahn nach.

Nachfolgend werden an einem fiktiven Beispiel einige betriebliche Gegebenheiten entworfen.

Abschnitte dieser Seite:

 

Wirtschaft

Eisenbahnlinien werden nur gebaut, wenn es hinreichenden Bedarf für den Transport von Fracht und / oder Reisenden gibt. Ist keine dieser Voraussetzungen mehr erfüllt, wird die Strecke erfahrungsgemäß stillgelegt und über kurz oder lang auch abgebaut.

Wer also eine Eisenbahn im Modell nachbildet, benötigt einen wirtschaftlichen Hintergrund. Der lässt sich jedoch leicht selbst zusammen schustern, wenn einige Maßgaben des Vorbilds berücksichtigt werden.

Auf Hauptbahnen - vorwiegend im Durchgangsverkehr - gibt es meist genug Frachtaufkommen von Bahnhof „A” nach „B”. So sollen beispielsweise Seefische von der Nord– oder Ostsee nach Mitteldeutschland oder Südfrüchte über Italien in den Norden geschafft werden.

Anders sieht es jedoch bei Anschluss– beziehungsweise Stichbahnen aus. Hier ist der wirtschaftliche Hintergrund lokalisiert, das heißt, er muss im erschlossenen Gebiet und dessen Produktion oder Bedarf liegen. Kein vollständig mit Bananen beladener Wagen wird jemals auf Link zum Glossar Rollböcken den Endbahnhof einer (Schmalspur–) Kleinbahn erreichen.

Plausibel erscheint jedoch folgendes Frachtaufkommen: Land– und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, die zum nächsten größeren Anschlussbahnhof (Kreisstadt) gebracht werden; Produkte, die von dort angeliefert werden, um den Bedarf der Privatpersonen und Betriebe entlang der Strecke zu decken - beispielsweise Brennstoffe zum Heizen, Dünger oder Lebensmittel.

Die Reisenden setzen sich aus Touristen (Ausflügler, Sommerfrischler, Wochenend–Gästen) und Pendlern zusammen, die unter der Woche zu größeren Betrieben in der „Kreisstadt” fahren und abends müde von dort zurückkehren.

 

Ansiedlung von Betrieben

Das erste Bild des Abschnitts zeigt die Streckenkarte einer fiktiven Stichbahn. An deren Bahnhöfen und Haltepunkten (ob diese nur im Modell dargestellt werden oder nicht) können nun in Gedanken Betriebe angesiedelt werden, die Frachtkunden der Bahn sind. Dabei kann es durchaus sinnvollen Betrieb innerhalb der Kleinbahn geben. Dazu ein Beispiel.

Am Endpunkt der Strecke wird Holz aus den umliegenden Forsten verladen und zum 9 km entfernten Bahnhof gefahren, zu dem das Anschlussgleis eines Sägewerks führt. Von dort wiederum kommen Balken und Dielen zum ortsansässigen Zimmermannsbetrieb zurück. Oder: Der Bauer nahe „C” empfängt Dünger und Saatgut vom Landhandel in „E”.

Wenn Sie so eine Kleinbahn (ohne konkretes Vorbild) im Modell nachbilden wollen, sollten Sie sich eine Liste der ansässigen oder am Frachtaufkommen beteiligten Betriebe und ihres typischen Frachtguts anlegen. Das ist eine gute Vorarbeit für sinnvolle Zugbildungen und realistische Szenen an Laderampen und Güterschuppen.

Hier folgt der Auszug so einer Liste für die fiktive Kleinbahn Lollar–Langsdorf. Bitte lesen Sie auch den Hinweis zum Thema Langsdorf und Lich.

 

Auszug einer Frachtkunden–Liste (Beispiel)

V steht für „versendet”, "Versender von" und E für „empfängt”, "Empfänger von".

Frachtkunde Ort versendet / empfängt
Bauer Armin WalterMorlesau V Futtermittel, E Saatgut, Dünger
Bauer Wolfgang HeinzPfünz V Vieh, E Futtermittel
Brauerei Ihring MelchiorLich V Bier in Fässern, E leere Fässer
Deutsche ReichsbahnLangsdorf E Kohle, Sand
Dapolin–TankstelleLangsdorf E Kraftstoff
Feinkost Alessandro DeIacoGießen V Lebensmittel, Getränke
ForstamtLangsdorf V Holz
Gasthaus zur LindeLangsdorf E Lebensmittel, Getränke
Imbißbude Ralf HuberLangsdorf E Lebensmittel, Getränke
Kolonialwaren Lisa FrankLangsdorf E Lebensmittel, Getränke, Haushaltswaren
Landhandel Jürgen FreyLangsdorf E Saatgut, Dünger, etc.
Metzger Wolfgang SchneiderLangsdorf E Schlachtvieh
Sägewerk Matthias MüllerStaufenberg E Holz, V Bretter, Kantholz
Schreiner Peter LesserLangsdorf E Holz, V Möbel, etc.
Schrotthandlung Max BessingerGießen E Alteisen, Schrott
Tierarzt Dr. BergerLangsdorf E Geräte, Medikamente
Werkstatt Justus FrankLangsdorf E Maschinen, Ersatzteile
Zimmermann Manfred HäderLangsdorf E Bretter, Kantholz
 

Passagier–Aufkommen

Das Passagieraufkommen der gedachten Bahn setzt sich im Wesentlichen aus Touristen und Ausflüglern (zum Beispiel zur Burg Staufenberg - die gibt es tatsächlich) und aus Pendlern zusammen, die zur ebenso realen Fremde Seite Buderus–Gießerei nach Lollar und zurück fahren.

Die Buderus hatte 1905 die Eisenwerke Lollar AG übernommen. Im historischen Bildarchiv des Unternehmens finden sich einige sehr interessante Fotos des Werks aus der Reichsbahn-Zeit. Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit war so freundlich, die Wiedergabe der für das Thema dieser Website interessanten Bilder zu gestatten. Sie finden die Bilder auf einer eigenen Seite (Vorbild: Buderus, Werk Lollar).

Lollar hatte Ende der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts rund 2.700, Staufenberg gut 1.000 und Langsdorf knapp 900 Einwohner. Auf der Kleinbahn wird es insgesamt also eher beschaulich zugegangen sein. Denkbar wäre auch noch ein Verkehr für Reisende mit Traglasten von und zu einem Markt, beispielsweise in Staufenberg. Der Flecken hätte vielleicht so ausgesehen haben können wie auf der Zeichnung im nächsten Abschnitt.

 

Fuhrpark

Wie schon unter Wagen: Verteilungdargestellt, hängen vom Transport–Bedarf auch die auf einer Bahnlinie eingesetzten Fahrzeuge - und natürlich der Fahrplan ab.

Daher sollten Sie sich ein paar Gedanken über die Mengen und Arten an Fracht sowie die Häufigkeit der Transporte machen. Denkbar wäre beispielsweise der morgendliche Milchversand in Kannen, die abends leer zurück gefahren werden. Dafür müssen ein oder gar mehrere geeignete Wagen bereit gehalten werden. Schnittholz wird sicher nicht jeden Tag befördert, aber es ist recht wahrscheinlich, dass der Landhandel an vielen Werktagen beliefert wird. Nach den Ernten müssen größere Stückzahlen offener Wagen für den Abtransport zum Beispiel von Futterrüben vorgehalten werden. Im Frühjahr gilt es die Häuser instand zu setzen, wozu es Kalk und Farbe braucht.

Beim Reisezugverkehr ist die entscheidende Frage, ob es im Fahrplan der Kleinbahn gleichzeitige Gegenzüge mit einer Zugkreuzung auf der Strecke gibt - denn spätestens dann werden zwei vollständige Garnituren benötigt, es sei denn, einer der beiden Züge läuft als GmP - für den genügen zur Not auch ein größerer Citr oder eine Kombination aus Pw und BC4i. Hinweis: Diese Kürzel werden bei den Reisezugwagen erklärt.

Um bei dem schon minimalistischen Konzept zu bleiben: Zwei Lokomotiven sollten es schon sein, die eingesetzt werden. Das bringt nämlich einige Würze in den Betrieb und vereinfacht diesen obendrein. Bei der Bahn mit 19,2 km Streckenlänge (der heutige Kraftfahrer lacht vielleicht darüber - er möge diese Strecke einmal mit dem Fahrrad zurücklegen) können nämlich bei einem GmP Fahrtzeiten von Stunden zusammen kommen.

Bei nur einer Lok läge der gesamte Betrieb während dieser Zeit still. Das wäre wenig plausibel, stünde es doch im krassen Widerspruch zur Rentabilitäts–Pflicht. So kann hingegen zum Beispiel der Güterzug oder GmP in der einen Richtung unterwegs sein, während der Personenzug oder PmG ihm entgegen fährt.

 
 
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