Die Arbeit eines Bremsers auf den Waggons war eine unerfreuliche Angelegenheit, die oft mit einem frühen Tod endete.
Gab der Lokomotivführer mit der Pfeife entsprechende Signale, mussten die Bremsen an den Wagen von Hand angezogen
beziehungsweise gelöst werden. Die Bremser saßen mehr oder weniger - zuweilen gar nicht - wettergeschützt auf den Wagen.
Abgesehen vom hohen Personalbedarf war diese Lösung auch technisch unbefriedigend, weil der Zug ungleichmäßig gebremst wurde
und dadurch starke Kräfte auftraten. Vom Eintreffen des Signals bis zum Bremsvorgang verging wertvolle Zeit.
Die Wirkung des Bremsvorgangs war oft nicht befriedigend.
Darum dachten die Ingenieure schon früh darüber nach, wie die Aufgabe von der Lokomotive aus zu steuern und besser zu lösen sei.
Auf Bremsanlagen an Wagen wird gesondert eingegangen.
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Lokomotiven (und Schlepptender) hatten früher zumindest eine von Hand betätigte Bremse.
Sie war oft als Wurfhebel–Bremse ausgebildet. An einem Hebel im Führerhaus oder am
Tender ist ein Gewicht befestigt. Wird der Hebel „umgeworfen”, damit das Gewicht den Hebel nach unten drückt, werden über den kurzen Gegenhebel
und ein Gestänge mit Umlenkung die Bremsklötze an die Räder gedrückt.
Die Abbildung zeigt das Prinzip der Umlenkung bei kleinen Lokomotiven. Bei kurzen und
leichten Zügen und flachen Strecken wurde teilweise nur mit dieser Handbremse gearbeitet
(Beispiel: Inselbahn Wangerooge). Die Wirkung und Sicherheit können jedoch nicht überzeugen,
wenn auch der Druck auf die Bremsklötze durch die doppelten Hebelarm-Untersetzungen
schon recht hoch sein kann. Die Bremse wirkt aber nur auf die Lokomotive - was bei einem schweren Zug herzlich wenig sein kann.
Eine Alternative dazu war die Spindelbremse mit Kurbel, bei der der Zug über ein Kastengewinde und eine Mutter
entsteht. Sie hat den Nachteil der recht langen Zeit, die zu ihrer Bedienung nötig ist. Von außen ist sie meist
gut zu erkennen, da der Umlenkhebel viel kürzer ist und die senkrechte Zugstange meist an der vorderen Führerhaus–Seite.
Die Ingenieure kamen schon sehr bald auf die Idee, die Dampfkraft auch zum Bremsen der Lokomotive
und des ganzen Zuges zu nutzen. Dabei kamen zwei wesentliche Konstruktionen in etlichen Varianten
zum Einsatz: Luftsauge– (Vakuum–) und Druckluft–Bremsanlagen.
Bei Luftsauge–Bremsen der Bauarten Hardy oder Körting wird
der in von der Lok zu den Wagen durchgehenden Bremsleitung ein Unterdruck erzeugt (wenn auch
kein Vakuum). Das geschieht mittels eines dampfbetriebenen Luftsaugers, dessen Geräusch mit einem Schalldämpfer gemildert wird.
Der Bremszylinder selbst ist eine Konstruktion mit zwei Kammern. Bei abfallendem Unterdruck zieht
die Bremse - an der Lokomotive durch eine Drossel zeitverzögert - selbsttätig an. Rechts ist das Prinzip der Anlenkung bei Wagen zu sehen.
Luftsaugebremsen waren vor allem in den USA, Deutschland und in Österreich im Einsatz.
Sie haben einige Nachteile. Wegen des nur schwachen Unterdrucks (etwa 0,7 Atmosphären) müssen die
Bremszylinder sehr groß sein. Die Zylinder müssen senkrecht und meist frei pendelnd angebracht sein,
weil die automatische Auslösung bei Fehlfunktion durch ein Gewicht statt findet.
Ein wichtiger Unterschied zu Druckluft–Bremsanlagen: Der Bremshebel wird gezogen, nicht geschoben.
George Westinghouse jr.
entwickelte zwischen 1869 und 1888 die nach ihm benannte Druckluft–Bremse, die schon 1911 an
weit über drei Millionen Eisenbahn–Fahrzeugen eingebaut war. Die selbsttätige
Westinghouse–Schnellbremse ist der von Knorr sehr ähnlich.
Sie hat den Vorteil, dass Bremsungen schnell erfolgen, sofort aufgehoben und wiederholt werden
können, und dass die Wirkung bei allen gebremsten Wagen des Zugs gleichmäßig ist.
Der nötige Druck (etwa 5 bis 8 at)
wird an der Lokomotive über eine dampfbetriebene, ein– oder zweistufige Pumpe erzeugt.
An den gebremsten Fahrzeugen befinden sich Hilfsluftbehälter, meist direkt am Bremszylinder,
zuweilen (aus Platzgründen) auch getrennt (dies ist bei Lokomotiven meist der Fall).
An der Lokomotive, meist rechts, befindet sich das Führer–Bremsventil. Der Druck in
Hauptluftleitung und Hilfsluftbehälter wird an einem Doppel–Manometer angezeigt.
Die einzelnen Fahrzeuge werden über flexible Bremskupplungen untereinander verbunden.
Ungebremste Wagen haben oft eine durchgehende Luftleitung. Über diese Verbindung werden
alle Hilfsluftbehälter und Steuerventile mit Druckluft versehen. Fällt der Überdruck
in der Hauptluftleitung ab (gewollt, oder weil sie undicht wird) lassen die Steuerventile
Druckluft aus den Hilfsbehältern in den Bremszylinder strömen, der dadurch - über Umlenkungen - die Bremsklötze an die Räder drückt.
Bei Notbremsungen wird nicht nur die Luft aus den Behältern, sondern auch die aus der Hauptluftleitung
verwendet. Durch diesen Druckabfall bremsen alle verbundenen Fahrzeuge sofort und gleichmäßig. Die Bremsen
werden gelöst, wenn auf der Luftleitung ein höherer Druck herrscht als im Hilfsluftbehälter oder das Löseventil an Waggons betätigt wird.