„Wenn es draußen stürmt und schneit, ist der Winter nicht mehr weit.
”
Ob diese Bauernregel heute noch so gilt, darf bezweifelt werden. Die Jahreszeit ist den Reisenden
jedoch Jacke wie Hose: In Reisezugwagen soll es bitte warm genug sein.
Das war auch den Eisenbahn–Ingenieuren der ersten Jahre schon klar. So wurden bald verschiedene Heizungs–Möglichkeiten gefunden.
Elektrische Heizungen - die jüngste Variante - werden hier nicht besprochen.
Abschnitte dieser Seite:
Ältere „Semester” werden noch wissen, was es bedeutet, einen Ofen anzuheizen
und am Brennen zu halten - eben viel Arbeit. Dennoch war diese Lösung am Anfang
des Reisezugverkehrs die praktikabelste, denn die Dampflokomotiven benötigten all ihren
Dampf, um den Zug zu bewegen, und konnten nichts davon für Heizzwecke erübrigen.
In die Wagen wurden also ganz konventionelle „Bulleröfen” eingebaut und vom Zugpersonal
beheizt (und gereinigt). Das war natürlich sehr Zeit– und Arbeits–intensiv.
Außerdem bestanden durch die offen und für jedermann zugänglichen Öfen allerlei
Gefahren: die von Verbrennungen bei Fahrgästen, die im Vorbeilaufen durch Gleisunebenheiten
stolperten, und die des allgemeinen Funkenflugs. Schließlich bestanden die Verkleidungen und Sitzbänke der frühen Reisezugwagen aus Holz oder anderen
brennbaren Materialien.
Kurzum, es musste schnell etwas Besseres ersonnen werden.
Wieder waren es die Bayern, die eine praktikable und ökonomische Ersatzlösung fanden.
Bei den ab 1880 gebauten Personenwagen für Vizinal–Bahnen (Nachbarschafts–Bahnen)
nach den Blättern ab Nummer 106 des Wagenstandsverzeichnis' von 1893 wurden unter dem
Fahrwerk große eiserne Behälter mit Luftschlitzen angebracht, in die vor der Bereitstellung
der Wagen glühende Kohle eingefüllt wurde. Diese gab ihre Wärme erstmalig über
röhrenförmige Wärmetauscher unter den Sitzbänken ab. Das war eine Art indirekten
„Passagiere–Grillens”, wobei die Hitze bis zum Fahrgastraum natürlich etliches von ihrer Wirkung verloren hatte.
Auch dieses System hatte einige Nachteile. Die Wärmezufuhr ließ sich nur durch Absperren
der Verbindung eindämmen (aber eben nicht ganz, denn jeder Grillfreund kann sich leicht vorstellen,
was anderthalb Quadratmeter Glut unter dem Wagenboden bewirken können). Die Isolierung ließ
ein wenig zu wünschen übrig, und es bestand immer noch eine gewisse Brandgefahr durch die Glut.
Dafür war es nun leicht, die mit seitlichen Klappen versehenen Kästen am Bahnsteig zu befüllen und
nach Dienstschluss zu entschlacken. Wegen der großen Behälter konnten auch längere Strecken ohne eine
erneute Beschickung zurück gelegt werden. Der Personalaufwand war daher deutlich reduziert.
Die Passagiere der dritten Klasse mussten beim Wagen in der Skizze dieses Abschnitts, bei der nur das
2. Klasse-Abteil als Schnitt gezeichnet ist, natürlich
nicht frieren. Ihre Wärmetauscher befanden sich unter den Sitzbänken ganz links.
Der wahre „Heizungs–Durchbruch” gelang erst, als die Dampflokomotiven soviel
Dampf produzieren konnten, dass genug für das Wohlbefinden der Fahrgäste übrig blieb.
Dabei spielt eine entscheidende Rolle, dass von der Verbrennung sowieso nur wenige Prozent in
Bewegungsenergie umgesetzt werden können. Der größte Anteil ist (wie bei einer herkömmlichen Glühlampe) Wärme.
Wo die Dampferzeugung trotzdem nicht ausreichte (oder es, wie bei Elloks, gar keine gab), wurden
anfänglich besondere Heizwagen mit eigenen Dampfmaschinen in die (Schnell–)Züge eingestellt.
Bedingung für die Dampfheizung war natürlich, dass Lokomotiven oder Heizwagen und Reisezugwagen
eine durchgehende Heizleitung hatten. Diese erforderte neben den Druck– oder
Saugluft–Kupplungen weitere Anschlüsse an den Pufferbohlen der Fahrzeuge.
In den beheizbaren Wagen befanden sich dann (meist zylindrische) Wärmetauscher unter den Sitzen.
Die Skizzen zeigen das am Beispiel eines BPostL bay 96. Die Heizkörper sind dunkler
abgesetzt. Der Regelhahn für die Heizung befand sich bei Wagen mit Plattform oft außen an einer Stirnwand des Wagenkastens.
Interessant sind die bei bayerischen Lokalbahnwagen häufig anzutreffenden Aufstiegstritte,
deren unterste Stufe hochgeklappt werden konnte und musste, weil sie über das
Begrenzungsprofil hinausragte (siehe Zeichnungen dieses Abschnitts). Sie ermöglichte
an Haltepunkten auf freier Strecke einen komfortablen Einstieg.